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Städtepartnerschaft: Nittenau und Lake Zurich

Marktplatz mit Storchenturm und Stadtpfarrkirche

Marktplatz mit Storchenturm und Stadtpfarrkirche, © H.Helmlechner / CC-BY-SA-4.0

04.04.2019 - Artikel

Der Weg zur Städtepartnerschaft

Am 19. Juni 1999 unterzeichneten der Bürgermeister der Stadt Nittenau, Rudolf Heininger und der Bürgermeister der Stadt Lake Zurich James Krischke eine Städtepartnerschaft.

Im nachfolgenden Bericht wollen wir Ihnen die Partnerstadt vorstellen und den Weg, der zur Partnerschaft führte, aufzeigen.

Lage der Partnerstadt:

Die Stadt Lake Zurich liegt circa 50 km westlich von Chicago im US- Bundesstaat Illinois.

Der auch als „Prairie State“ bezeichnete Bundesstaat hat eine Einwohnerzahl von 11.895.849 Personen. Die Topographie ist durch Grasland und fruchtbare Ebenen sowie durch Hügelland im südlichen Teil des Staatsgebiets gekennzeichnet. Die Hauptstadt ist Springfield. Die weitaus berühmteste Stadt ist jedoch Chicago. Im Einzugsbereich dieser Weltstadt leben ca. 4 Millionen Menschen.

An herausragenden Persönlichkeiten, die aus Illinois stammen, sind u.a. zu nennen der berühmte Schriftsteller und Nobelpreisträger 1954 Ernest Hemmingway und der 40. Präsident der Vereinigten Staaten von Amerika Ronald Reagan.

Lake Zurich selbst ist noch eine sehr junge Stadt, die 1996 das „Centennial“ ( = 100-jährige) Gründungsfest feiern konnte. Heute leben ca. 18.000 Personen in der Stadt. Bis zum Jahre 2010 wird mit einer Bevölkerung von über 20.000 Menschen gerechnet. Die Stadt liegt auf einer Höhe von 260 mNN und hat eine Fläche von ca. 11 qkm. Bekannt ist Lake Zurich durch seinen über 101 ha großen See, der als einer der saubersten Seen im Bundesstaat Illinois gilt.

Anstoß zur Partnerschaft:

Seit ca. 1983 bestehen zu Herrn Norbert Ellmann, einem Bürger der Stadt Lake Zurich, nähere Kontakte. Diese kamen dadurch zustande, daß Herr Ellmann bei seinen Urlaubsaufenthalten in „Old Germany“ im Rathaus Nittenau dem damaligen
1. Bürgermeister Julius Schmatz und dessen Nachfolger Rudolf Heininger sowie dem geschäftsleitenden Beamten Herrn Rudolf Höfler einen Besuch abstattete. Der Grund seines Besuch war ein Grundstück, das er in Nittenau besitzt. Eigentümer dieses Grundstücks wurde er, zusammen mit seinem Bruder, durch eine Erbschaft. Herr Norbert Ellmann ist deutscher Abstammung und wanderte mit seinen Eltern, die in Bodenwöhr wohnten, nach dem ersten Weltkrieg in die USA aus.

Zurück in Lake Zurich bedankte er sich schriftlich am 5. September 1996 für den herzlichen Gesprächstermin im Rathaus. Beeindruckt sei er jedesmal von der herrlichen Landschaft und der anheimelnden Atmosphäre von Nittenau.

Zum ersten Male erwähnte er dann die Idee einer Städtepartnerschaft mit folgenden Worten: „ I have been speaking to the people of my town, Lake Zurich about the idea of forming a sister city relationship with Nittenau. It would give me a great deal of pleasure and satisfaction if this were to happen.“ (= Er habe mit Verantwortlichen von Lake Zurich über den Abschluß einer Städtepartnerschaft gesprochen. Er würde sich hierüber sehr freuen und es wäre ihm eine große Genugtuung, wenn diese zustande kommen würde.).

Erste Kontakte:

Wenngleich es noch ein Jahr dauerte, bis die ersten offiziellen Kontakte aufgenommen wurden, so blieben die Partner in Lake Zurich nicht untätig.

Während seines Deutschlandaufenthaltes im Sommer 1998 kam Herr Norbert Ellmann in das Rathaus Nittenau und sagte dem geschäftsleitenden Beamten Rudolf Höfler, daß sich interessierte Personen zusammengefunden haben, die den Kontakt mit Nittenau aufnehmen sollten. Als Herr Norbert Ellmann erwähnte, daß eine Delegation aus Lake Zurich an der Spitze Bürgermeister James Krischke im Juni 1999 nach Deutschland kommen werden, wurde von Herrn Rudolf Höfler der Vorschlag unterbreitet, daß sie auch nach Nittenau kommen sollten. Als Termin wurde der 19.-21. Juni 1999, also die Zeit des Volksfestes, genannt.

Erstmals am 7.August 1998 wurden dem Bürgermeister der Stadt Lake Zurich Unterlagen über die Stadt Nittenau zugesandt. Einige Tage später kam die Antwort aus den Staaten: Neben Informationsmaterial und einem T-Shirt aus Lake Zurich kam die Bestätigung, daß der Termin Mitte Juni 1999 als Besuch in Nittenau ins Auge gefaßt werde. Da auch 20 Schülerinnen und Schüler einer High-School der Delegation angehören sollten, wurde der Vorschlag einer Schulpartnerschaft angesprochen.

Seitens der Stadt Nittenau wurde diese Anregung dem Regental-Gymnasium Nittenau mitgeteilt. Der Direktor des Gymnasiums, Herr Oberstudiendirektor Klaus Kopp, war dieser Idee sehr aufgeschlossen

Sister - City - International

Am 11. November 1998 schlug Herr Ellmann vor, die beiden Städte sollten ein Mitglied der „Sister-City-International“ werden.

Diese amerikanische Organisation hat sich als Ziel gesetzt, Städtepartnerschaften mit Geldzuwendungen und Programmhilfen zu unterstützen. Den Beitrag zahlt ausschließlich die amerikanische Stadt. Der ausländische Partner wird dann automatisch mit allen Rechten und Pflichten in die Organisation aufgenommen.

Das wesentlichste Ziel ist es, den Kuturaustausch weltweit zu fördern.

Zwingende Voraussetzung für die Aufnahme in die „Sister-City-International“ ist das Bestehen einer Städtepartnerschaft.

Am 26. Januar 1999-Beschlußbuch-Nr. 1068- bekundete der Stadtrat Nittenau seine Absicht, mit der amerikanischen Stadt Lake Zurich eine Städtepartnerschaft einzugehen.

Die Vorbereitungen:

Am 19. Januar 1999 teilte Bürgermeister James Krischke mit, daß 36 Personen aus Lake Zurich vom 18. - 20. Juni 1999 nach Nittenau kommen werden. Da sich darunter auch 20 Schülerinnen und Schüler befinden, wurde die Bitte geäußert, daß diese „Kids“ mit Partnerschülerinnen und- schülern zusammenkommen sollten. Als Kontaktperson wurde Herr Arthur Ladenburger genannt. Diesen Wunsch gab die Stadt Nittenau an die Leitung des Regental-Gymnasiums weiter. Herr OStD Klaus Kopp teilte mit, daß er am 19. Februar 1999 mit dem Deutschlehrer der Mittelschule Nord von Lake Zurich, Herrn Arthur Ladenburger und dessen Frau Olga, per Email Kontakt aufgenommen habe. Er schlug vor, die amerikanischen Schülerinnen und Schüler bei Gasteltern unterzubringen. Die sie begleitenden Pädagogen sollten während des Aufenthalts bei Lehrkräften des Regental-Gymnasiums wohnen.

Zur Programmgestaltung arbeiteten die Stadt Nittenau und das Regental-Gymnasium eng zusammen.

Am 4. Mai 1999 - Beschlußbuch-Nr. 1206 - wurde das Besuchsprogramm vom Hauptausschuß des Stadtrates gebilligt.

Herr Norbert Ellmann, der sich bereits in Nittenau aufhielt übergab am 14.Juni 1999 die Partnerschaftsverträge Herrn Bürgermeister Rudolf Heininger. Tags darauf am 15.Juni 1999 - Beschlußbuch-Nr. 1290- hat der Stadtrat Nittenau beschlossen, „mit der Stadt Lake Zurich /Illinois / USA eine Städtepartnerschaft einzugehen.“

Der Empfang:

Alle Vorbereitungen waren abgeschlossen und die Beteiligten fieberten dem ersten Treffen entgegen. Am Freitag, 19. Juni 1999 gegen 10.00 Uhr trafen dann die Gäste ein. In der Aula des Regental-Gymnasiums wurden sie von Herrn Bürgermeister Rudolf Heininger und Herr OStD Klaus Kopp recht herzlich begrüßt. Der Schulchor des Gymnasiums hinterließ bei den Gästen mit dem amerikanischen Song „ Moonriver“ einen unvergeßlichen Willkommensgruß. Mit Spannung warteten dann die Schülerinnen und Schüler des Regental-Gymnasiums auf das Zusammentreffen mit ihren „Gästen“.

Bereits diese erste Begegnung zeigte, daß sich Freunde gefunden haben.

Der Programmablauf:

Während die amerikanischen Schülerinnen und Schüler mit den Lehrkräften am Unterricht des Regental-Gymnasiums teilnahmen, stand für Bürgermeister James Krischke und seine Begleitung ein Stehempfang im Rathaus mit Führung durch die Dienstzimmer auf dem Programm. Nach der Quartiervergabe im Hotel Pirzer lud das Regental-Gymnasium zu einem Grillnachmittag ein. Am späten Nachmittag nahmen dann alle Gäste am Standkonzert zur Eröffnung des Volksfestes und am anschließenden Festzug durch die Stadt teil. Die amerikanischen Gäste hatten eine besondere Überraschung in ihrem Gepäck. Ein Transparent mit der Aufschrift :„I like Nittenau! Lake Zurich begrüßt seine neuen Freunde“ wurde im Festzug mitgeführt. Gemeinsam mit den Gästen aus unserer tschechischen Partnerstadt Prestice, an der Spitze Herr Bürgermeister Vladimir Benda mit Ehefrau, und dem Bürgermeister aus der befreundeten Stadt Biblis, Herrn Alfred Kappel mit Ehefrau, wurde im Festzelt ein feuchtfröhlicher Abend verbracht.

Am Samstag, 19.Juni 1999 begleiteten dann Bürgermeister Rudolf Heinminger und der geschäftleitende Beamte Rudolf Höfler die Gäste auf einem Rundgang durch die Stadt. Die Volksschule wurde von Lehrerin Margot Seidl vorgestellt, durch die Feuerwehrstation an der Bodensteiner Str. führte Kommandant Jürgen Kuprat.
Mit Feuerwehrfahrzeugen ging es dann zum Holzschnitzer Franz Diewald. Den Abschluß des Vormittagsprogramms bildete eine Führung durch die Stadtpfarrkriche Nittenau. Herr Stadtpfarrer Josef Schiedermeier und Herr Horst Rieder erläuterten die Kirchengeschichte und die Inneneinrichtung der Kirche.

Nach dem Mittagessen in der Gaststätte Jakob, dort wurden den Gästen auch Bierkrüge zur Erinnerung an den Besuch in Nittenau überreicht, ging es nachmittags zur Rundfahrt durch das Stadtgebiet. Jetzt nahmen auch wieder die amerikanischen Schülerinnen und Schüler teil, die den Vormittag noch bei den deutschen Gasteltern verbracht hatten um die „deutsche Lebensart“ kenen zu lernen. Besichtigt wurden die Wohnbaugebiete in Nittenau -Süd sowie das Industriegebiet „Hirschenbleschen“.
Danach ging es weiter nach Fischbach. Dort hieß „Frater Barnabas“ die Gäste in launigen Worten herzlich willkommen und lud sie zu einem Umtrunk mit Starkbier ein.

Diese Stärkung war notwendig, denn anschließend ging es zu Fuß zur Burgruine Stockenfels, wo man vom Burgkastellan (Herrn Franz-Joseph Vohburger und Herrn Alois Gillitzer) empfangen wurde. Die Burggeschichte und die Vorführung eines Aktes der Hexen- und Geisterwanderung begeisterte die Gäste. Dann machte man sich an den Abstieg zur Kahnanlagestelle in Marienthal.Das Vergnügen des Übersetzens mit einem Kahn über den Regen genossen alle Teilnehmer.

Wohlbehalten am anderen Ufer angekommen, stieg man in die bereitstehenden Busse zur Weiterfahrt nach Stefling. Große Freude herrschte bei den amerikanischen Gästen, als sie von Frau Carola Gräfin von der Mühle-Eckart im Burghof empfangen wurden. Für eine leibliche Stärkung sorgten die Jugenbergbauern mit ihren Eigenprodukten. Die Aufführung einer Szene des Theater -und Festspielvereins aus der Hexen- und Geisterwanderung rundete den Kurzbesuch der Burganlage ab. Mit dem Bus fuhr man über Weinting (von dort konnte man einen herrlichen Blick in das Regental genießen) zur letzten Station, nämlich der Burg Hof a. Regen. Dort warteten dann schon die Folterknechte (Herr Heinrich Meyer und Herr Hubert Süß) auf ihre Opfer. Jeder wollte einmal auf der Folterbank „langgezogen“ werden. Nach diesem mittelalterlichen Schauspiel ging es zurück nach Nittenau. Nach einer kurzen Ruhepause mußte man sich für den Festempfang vorbereiten.

Festempfang

Bürgermeister Rudolf Heininger hieß die amerikanischen Gäste nochmals herzlich willkommen. Sein besonderer Willkommensgruß galt den anwesenden Stadträten, den Vertretern des Regental-Gymnasiums an der Spitze OStD Klaus Kopp und den deutschen Gastfamilien. Hocherfreut war Herr Bürgermeister Rudolf Heininger über die Anwesenheit der Kulturreferentin des amerikanischen Generalkonsulates in München, Frau Antonia Heigl. Musikalisch umrahmt wurde die Feier von den Geschwistern Diewald aus Nittenau.

Bürgermeister Rudolf Heininger erinnerte an seine Jugend in der Nachkriegszeit . Die Geschenkpakete (Care-Hilfen) haben in ihm eine lebenslange „Amerika - Freundlichkeit“ eingeprägt. Wenngleich es einige Leute gebe, die den Abschluß einer Vereinbarung bezweifeln, so verlören die große räumliche Distanz mit den heutigen Möglichkeiten der Kommunikationstechnik oder des Flugverkehrs an Bedeutung. Er erklärte, daß die Stadt Nittenau zur Partnerschaft bereit sei. Zum Abschluß bedankte er sich bei Herrn Norbert Ellmann der den Kontakt zwischen den beiden Städten hergestellt hatte.

Sein besonderer Dank galt auch Herrn Rudolf Höfler der als Verbindungsmann auf Nittenauer Seite fungierte und das Besuchsprogramm zur vollsten Zufriedenheit aller Teilnehmer ausgearbeitet hatte.
Bürgermeister James Krischke erklärte, daß er mit großer Freude die Einladung zur Partnerschaft namens der Bürger von Lake Zurich angenommen habe. Er hoffe auf eine Beziehung ohne Grenzen.

Zum Abschluß seiner Rede zitierte er in abgewandelter Form den berühmten Ausspruch des amerikanischen Präsidenten John F. Kennedy: „ Ich bin ein Nittenauer!“.
Als Vertreterin des amerikanischen Generalkonsuls sagte die Kulturreferentin Antonia Heigl, daß beide Städte eine Menge gemeinsam haben. Sie sei sich sicher, daß die Partnerschaft zu einem lebendigen Austausch zwischen den beiden Städten führen werde.

Herr OStD Klaus Kopp sagte, daß diese ersten Kontakte nur ein kleiner Schritt des Ganzen seien, jedoch große Schritte für die Partnerschaft. Gerade das herzliche Miteinander der Schülerinnen und Schüler aus Lake Zurich und Nittenau mache es den Erwachsenen leicht, diesem Vorbild zu folgen.

Herr Arthur Ladenburger, der Deutschlehrer der Lake Zurich Middle-School erklärte, daß er gestern und heute die Nittenauer Bedeutung von Freundlichkeit kennengelernt habe. Würden alle Menschen diese Freundlichkeit und Herzlichkeit erfahren, wäre der Kosovokrieg nicht möglich gewesen.

Im Anschluß an diese Grußworte unterzeichneten die Bürgermeister die Partnerschaftsurkunden und tauschten Erinnerungsgeschenke aus. Beim anschließenden gemütlichen Beisammensein wurde dann die Kontakte weiter ausgebaut und bereits erste Terminplanungen für den Gegenbesuch in Lake Zurich abgesprochen.

Der Abschied:

Am Parkplatz des Regental-Gymnasiums wartete Sonntag morgens bereits der Bus zur Weiterfahrt. Gegen 9.30 Uhr trafen dann auch die amerikanischen Schülerinnen und Schüler mit ihren deutschen Freundinnen und Freunden sowie den Gasteltern ein. Noch schnell wurden Adressen, Teleonnummern und Andenken ausgetauscht, bevor Herr Arthur Ladenburger, wenn auch mit etwas Wehmut, zum Aufbruch drängte. Mit dem Wunsch, daß sie im nächsten Jahr die deutschen Gastgeber in Lake Zurich empfangen können, fuhr der Bus zur Besichtigung der neuen deutschen Bundeshauptstadt nach Berlin ab.

Verfaßt von Rudolf Höfler im Juni 1999.

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